Die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition erweitert einen Obst- und Gemüsegarten, wie er bis in die 1950er Jahre weit verbreitet war, um heute eine Renaissance zu erleben.
Einige Rabatten, auf denen Möhren und Rhabarber, Erdbeeren und Johannisbeeren wuchsen schon immer im Garten, der am Haus des Bergmanns liegt. Doch in den letzten Wochen sind neue Rabatten hinzugekommen. Da im Haus des Bergmanns, das an der Ebertstraße zwischen Markt und Ebertschule liegt, zu sehen ist, wie Bergleute und ihre Familien in den 1920er Jahren in der Lintforter Kolonie lebten, wie sie vor 100 Jahren hieß, hatte die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition Linker Niederrhein die Idee, auch den Garten wie in der Zeit vor 100 Jahren zu gestalten.
„Die Bergleute waren Selbstversorger“, sagt Fördergemeinschafts-Vorsitzender Norbert Ballhaus. „Sie haben jeden Quadratmeter genutzt, um Obst und Gemüse anzubauen. Deshalb waren die Wege zwischen den Rabatten auch so schmal.“ Als am Freitag letzter Woche der Kulturraum Niederrhein zu seiner Regionalkonferenz in die Enni-Eventhalle nach Moers eingeladen hatte, präsentierte die Fördergemeinschaft, die Mitglied in diesem Verein für Regionalkultur ist, erstmals ihr Projekt. Sie hat es „Erdung“ getauft. „Es hätte Neudeutsch auch Urban Gardening heißen können“, schmunzelt Vorstandsmitglied Dirk Thomas, der Fotos zum Projektfortschritt geschossen hat. „Im eigenen Garten Kräuter, Gemüse und Obst anzubauen, erlebt gerade einen Hype. Bis in die 1950er Jahre war die Subsistenzwirtschaft selbstverständlich.“
Die Rabatten haben die Mitglieder der Fördergemeinschaft schon angelegt. „Die Wege sind mit Ziegelsteinen von den Rabatten getrennt“, erzählt Norbert Ballhaus. „Anderes Material gab es nicht vor Ort.“ Himbeerpflanzen, Johannis- und Stachelbeerensträucher setzten die Mitglieder schon, pflanzten Kartoffeln. Im September wollen sie Apfel- und Birnbäume pflanzen, die von den Stadtwerken Kamp-Lintfort gestiftet werden, die in diesem Jahr ihren 25. Geburtstag feiern.
„Wenn das Haus des Bergmanns gezeigt wird, kann auch der Garten gezeigt werden“, sagt Norbert Ballhaus. „Unter der Woche werden wir oft von Schulen besucht. In den nächsten Wochen sind zehn Klassen der Ebertschule im Haus des Bergmanns. Sie feiert 2022 ihren 100. Geburtstag.“ In voller Blüte steht der Garten erst im Jahr 2023, wenn das Projekt „Erdung“ offiziell startet. Es dauert zwei Jahre. Nach der Startphase soll der Gemüse- und Obstgarten etwas Dauerhaftes werden. „Es fehlen nur die Kuh des Bergmanns, die Ziege, und die Hühner“, sagt Norbert Ballhaus mit einem Augenzwinkern. „Aber Tiere kann man nur halten, wenn man sich Zeit für sie nimmt, jeden Tag vor Ort ist. Das können wir nicht leisten.“

Projekt „Erdung“ und Haus des Bergmanns

Finanzierung:  Für das Projekt Erdung erhält die Fördergemeinschaft Mittel von den Stadtwerken und vom Kulturraum Niederrhein. Die Fördergemeinschaft bringt Eigenmittel und Eigenleistungen mit ein.

Öffnungszeiten:  Das Haus des Bergmanns liegt an der Ebertstraße 88 in Kamp-Lintfort (Ecke Marienstraße zwischen Markt und Ebertschule). Es ist jeden Sonntag von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Der Eintrittspreis liegt bei 2,50 Euro für Erwachsene und 0,50 Euro für Kinder. Außerhalb dieser Zeit sind für Gruppen Führungen nach telefonischer Anmeldung möglich. Ansprechpartner ist Egon Haeusler, Telefon: 02842 – 42437 oder E-Mail info@bergmannstradition.de .

Quelle:

Rheinische Post vom 07.06.2022 / Autor: Peter Gottschlich
Fotos von Hans-Dieter Stuckart und Dirk Thomas