Die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition bietet Kindern und Jugendlichen auf dem Schirrhof die Chance, sich handwerkliche Grundkenntnisse anzueignen. Das Konzept steht. Ein erster Aufschlag findet in den Herbstferien statt.

Mit Holz arbeiten, sägen, zuschneiden, schleifen und Möbel aus Paletten bauen: In der ersten Herbstferienwoche können zwölf Kinder im Alter von zehn bis 14 Jahren ins Handwerk hinein schnuppern. Das einwöchige Ferienangebot ist der erste Aufschlag für ein groß angelegtes Projekt, das die Fördergemeinschaft für Bergmannstradition in Zusammenarbeit mit der mobilen Jugendarbeit der Stadt Kamp-Lintfort langfristig auf dem Schirrhof an der Friedrich-Heinrich-Allee etablieren möchte.

„Wohnen, lernen und arbeiten im ehemaligen Steinkohlebergbau“ lautet das Projektthema. „Im Lehrstollen zeigen wir, wie die Bergleute unter Tage gearbeitet haben, im Haus des Bergmanns in der Altsiedlung, wie sie mit ihren Familien um das Jahr 1920 gewohnt und gelebt haben“, berichtet Norbert Ballhaus als Vorsitzender der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition. Nun soll die dritte Säule, das Lernen, aufgestellt werden. Zusammen mit den Projektunterstützern will die Fördergemeinschaft jungen Menschen ein außerschulisches Angebot machen, das ihnen handwerkliche Grundkenntnisse vermittelt.

„Auf dem Schirrhof befand sich seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts die Ausbildungswerkstatt des Bergwerks West. Übrig blieb leider nur eine Esse“, sagt Ballhaus. Gemeinsam mit seinem Team begeisterte er Susanne Rous, Leiterin des Informationszentrums Stadt und Bergbau, sowie Michelle Zupancic von der mobilen Jugendarbeit für die Idee. Seit März bastelte man an einem Konzept. Die Fördergemeinschaft wendete sich an den Landesverband der Berg- und Knappenvereine NRW. Als Projektförderer konnten sie gemeinsam die RAG-Stiftung gewinnen. Sie stellte 7.400 Euro zur Verfügung. Erstes sichtbares Ergebnis ist eine Tafel am Schirrhof, die über die ehemalige Ausbildung der Zeche informiert. Als Projektleiter holte die Fördergemeinschaft den Moerser Kulturpädagogen Rüdiger Eichholtz ins Boot.

Er bietet seit mehr als 30 Jahren solch künstlerisch-handwerklichen Programme für Kinder an. „Auch mein Vater war im Bergbau tätig. Es ist für mich eine Herzensangelegenheit“, sagt er. Sein auf die nächsten Jahre angelegtes Konzept beinhaltet insgesamt drei Vermittlungsansätze: die Ferienprogramme, ein Werkzeugführerschein-Lehrgang sowie die Bereiche Wohnen und Lernen. „Für den Werkzeugführerschein brauchen wir mehr Zeit als eine Ferienwoche. Hier geht es darum, den Kindern in verschiedenen Modulen handwerkliche Kompetenz zu vermitteln“, erläutert Eichholtz. In einem solchen Workshop würden die Teilnehmer beispielsweise lernen, wie verschiedene Materialien wie Holz, Metall oder Kunststoff miteinander verbunden oder wie Maschinen benutzt werden.

Rüdiger Eichholtz kann es sich gut vorstellen, auch die Handwerkskammer und Betriebe mit ins Boot zu holen. „Die Dinge entstehen, wenn man erst einmal anfängt“, sagt er. In einem dritten Bereich soll es künftig rund um das Leben und Wohnen der Bergleute gehen: Kochen wie die Selbstversorger, Gärtnern und Ernten, aber auch um das Sozialverhalten in den Familien. Das Projekt startet am 11. Oktober mit dem Ferienprogramm. Die Holzwerkstatt befindet sich in der Remise des Schirrhofes. In den vergangenen Sommerferien fand bereits ein erster Probelauf statt: „Die Resonanz war groß“, erzählt Susanne Rous, Leiterin des Informationszentrums Stadt und Bergbau. „Viele Eltern wünschen sich solch ein dauerhaftes Angebot. Auch jetzt haben sie mich schon kontaktiert, um ihre Kinder anzumelden“, berichtet sie.

Norbert Ballhaus hofft, mit dem Angebot nicht nur bei jungen Menschen eine Bresche für das Handwerk zu schlagen, dem, wie er sagte, heute 65.000 Arbeitsplätze fehlten, sondern sie auch für die 620 Mitglieder zählende Fördergemeinschaft zu begeistern. „Wir müssen auf die jungen Menschen zugehen.“

Quelle:

Rheinische Post vom 30.09.2021 / Autorin: Anja Katzke

Fotos von Dirk Thomas