Mit einem ökumenischen und stimmungsvollen Gottesdienst haben die Kirchen am Donnerstag im Essener Dom Abschied vom Steinkohlenbergbau genommen. Auch NRW-Politiker nahmen an den Feierlichkeiten teil. Nach 200 Jahren gehe eine Epoche zu Ende, sagte der evangelische rheinische Präses Manfred Rekowski einen Tag vor Förderende auf der bundesweit letzten Zeche Prosper Haniel in Bottrop. Er und der katholische Ruhrbischof Franz-Josef Overbeck verwiesen in einer Dialogpredigt auf die Unternehmenskultur im Bergbau, die von gegenseitiger Solidarität geprägt sei.

Diese Solidarität hat nach den Worten von Overbeck auch zu einem sozialverträglichen Stellenabbau, einer gerechten Vorruhestandsregelung und Umschulungen geführt. Das Ruhrgebiet erfahre seit Jahren eine Umstrukturierung, die weiterhin den im Bergbau gepflegten Zusammenhalt benötige. „Es gibt Perspektiven für morgen“, so der Bischof.

Der Bergbau habe enorm zum Wohlstand in Deutschland beigetragen, sagte Rekowski. „Schicht im Schacht“ führe bei vielen Menschen zu Wehmut und teils Sorge. Die Kohleförderung habe aber auch Opfer gekostet. Dabei verwies Rekowski auf Grubenunglücke oder Krankheiten wie Staublunge. Der Bergmannsgruß „Glück auf“ sei wie ein Segenswort und bedeute: „Gott möge Dich bewahren“.

An dem Gottesdienst wirkten die katholischen Bischöfe Felix Genn (Münster), Helmut Dieser (Aachen), Hans-Josef Becker (Paderborn) und die westfälische Präses Annette Kurschus mit. Aus der Politik nahmen NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) und dessen Amtsvorgänger Hannelore Kraft (SPD), Jürgen Rüttgers (CDU) und Wolfgang Clement (SPD) sowie Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm (CDU) teil. Auch Bürgermeister aus dem Ruhrgebiet sowie die Chefs des RAG-Konzerns, Peter Schrimpf, der RAG-Stiftung, Bernd Tönjes, und von Prosper Haniel, Jürgen Kroker, waren dabei.

Zu Beginn der Feier zogen Bergleute in Steigerjacke und –hose und Abordnungen von Knappenvereinen in traditionellen Uniformen mit einem Kreuz und Grubenlampen in die Kirche ein. Dabei sang der Ruhrkohle-Chor. Ein Bergmann setzte eine Statue der heiligen Barbara, der Schutzpatronin der Bergleute, auf ein Podest. Die Figur steht sonst in der Zeche Prosper Haniel in 1.200 Metern Tiefe. Nach der Legende wurde Barbara von ihrem Vater wegen ihres Glaubens in einem Turm eingesperrt. Die Heilige habe die Not gekannt, in Finsternis leben zu müssen, sagte Erzbischof Becker.

In Fürbitten wurde für die Bergleute weltweit, für verunglückte Bergmänner sowie anstehende Reformen gebetet. Dazu stieg dichter Weihrauch aus einer Schale mit entzündeter Kohle auf.

Johannes Hartmann, erster Vorsitzender des Landesverbands für Berg- und Knappenvereine NRW, hatte Vertreter einiger Mitgliedervereine um Mitwirkung gebeten. Mehr als 30 Bergleute im Bergkittel mit Schachthut und brennender Grubenlampe standen im Mittelgang des Kirchenschiffs Spalier. Von der Fördergemeinschaft für Bergmannstradition waren Norbert Ballhaus, Klaus Deuter, Manfred Seeger, Ernst Kausen und Dirk Thomas beteiligt.

In Anschluss an den Gottesdienst zogen die Teilnehmer in einer Prozession durch die Essener Fußgängerzone zur evangelischen Kreuzeskirche.

Unter dem Titel „Begegnung in der Kreuzeskirche“ gab es eine Nachlese zu dem bewegenden Gottesdienst zum Abschied der deutschen Steinkohle. Alle Beteiligten trafen sich mit interessierten Gästen aus der Bevölkerung. Es wurden erfrischende Getränke und „Fingerfood“ gereicht. In zwangloser Atmosphäre wurden Kontakte geknüpft und es erfolgten interessante Gespräche. Viele Bürger suchten den Kontakt zu den Bergleuten und diskutierten angeregt über die Stilllegung der Kohleförderung.

Antje Perizonius trug eine weiße Steigerjacke mit großem Schlägel & Eisen-Symbol und dem Aufdruck „Danke Kumpel“. Sie wurde sehr schnell im Kreis der Bergleute aufgenommen.

Unter den Betroffenen war heute sehr viel Wehmut zu spüren, so manche Träne wurde an diesem Abend verdrückt.

Quelle:

RP-online vom 20.12.2018